Eine kleine Besinnung zu Christi Himmelfahrt von Pfarrer Georg Plasger

Wir reden in diesen Tagen viel von der Erde – und von dem, was uns hier Mühe macht. Unser Leben ist beschränkt – und noch ist das auch ganz wörtlich zu nehmen, weil vielerorts die Grenzen geschlossen sind. Und vermutlich mühelos werden wir einstimmen in den Satz, dass wir gerade nicht den Himmel auf Erden erleben.

Aber das ist auch gar nicht zu erwarten, sagt uns der Himmelfahrtstag, den wir heute begehen und der nicht selten zum Vatertag verkommen ist. Dieser Tag möchte uns eine Perspektive geben, tiefer zu schauen – oder vielleicht besser gesagt: Höher. Wenn das Lukasevangelium davon berichtet, dass Jesus nach seiner Auferstehung in den Himmel aufgefahren ist, dann bedeutet das nicht, dass er wie eine Rakete in den Weltraum emporgestiegen ist. Sondern Himmel meint in der Bibel den Bereich Gottes, den wir auch mit der besten naturwissenschaftlichen Methode und dem hochauflösendsten Teleskop nicht sehen können. Von diesem Jesus Christus, gekreuzigt und auferstanden, heißt es: „Er ist nicht mehr hier!“ Er ist nicht mehr auf Erden, sondern in einem Bereich, der dem Irdischen schlechterdings verborgen ist.

Mit der Himmelfahrt endet die irdische Geschichte Jesu Christi – sie war gleichsam das Ziel.

Und was hat das mit uns zu tun? Mit uns im Jahre 2020? Mit uns mitten in einer Situation, die wir nicht durchschauen – und in der es immer wieder Versuche gibt, uns billige Deutungen anzubieten: Als ob das Corona-Virus eine Strafe Gottes sei, als ob es darum ginge, eine Verschwörung zur Erlangung der Weltherrschaft zu wittern. All das und anderes mehr sind Versuche, unser Nichtwissen mit Aberglauben zu übertünchen.

Die Himmelfahrt Jesu zeigt uns eine Perspektive auf – oder genauer: Sie lässt uns Jesus Christus hinterherblicken in eine Dimension, die uns verborgen ist: Den Himmel, Gottes eigenen Bereich. Die irdische Welt, in der in Corona-Zeiten wieder einmal deutlich wird, dass der Tod dazu gehört, ist nicht alles, hat nicht das letzte Wort. Der Himmel, Gott selber, umgibt uns. Zu messen ist das nicht. Und zu beweisen auch nicht. Aber Christen und Christinnen sehen in der Himmelfahrt Jesu, dass die Welt nicht sich selbst überlassen ist. Jesus Christus kehrt heim – und sitzt zur Rechten Gottes, formuliert das Apostolische Glaubensbekenntnis – und ist mit seinem Geist bei uns. Das bedeutet, dass kein Dämon oder grausamer oder willkürlicher Gott die Welt in Händen hält, sondern derjenige, der in seinem Sohn selber zur Welt gekommen ist, sich mit der Welt, mit dieser unserer Welt, mit dem Irdischen verbündet hat, Teil davon geworden ist. Der Menschenfreund schlechthin. „Er lässt nicht los das Werk seiner Hände“ – so heißt es zu Beginn vieler Gottesdienste, die hoffentlich bald wieder mehr gefeiert werden können. Er lässt keinen Menschen fallen – den Lebenden nicht und auch den Toten nicht. Darauf können wir vertrauen, auch wenn der Tod das Ende zu sein scheint. Er lässt das Irdische nicht fallen.

Aber die Erde ist nicht der Himmel. Und weil wir irdisch sind, erleben wir den Himmel zu Lebzeiten nicht. Aber mitten in den Grenzen unseres Irdischen und Endlichen gibt es den Himmelfahrtstag. Ein Tag der Erinnerung – und mehr noch des Durchblicks in den Himmel und damit auch der Hoffnung: Die Grenzen, die wir erleben und erleiden, haben nicht das letzte Wort, sondern die dem Menschen zugesagte Freiheit. In dieser Freiheit lässt sich leben. Auch im Irdischen.

Georg Plasger